„Erinnerungen aus dem selbst Erlebten und den Erzählungen von Oma Gretel“
Viele gute und erlebnisreiche Erinnerungen an die Zeiten als Kind und Heranwachsender bei der Oma auf dem Land. Unzählige Sonntage machten wir uns auf den Weg aus der Stadt raus aufs Land nach Rheinhessen und besuchten die Oma. Teilweise kamen dann auch die Cousinen und Cousins zu Besuch, das war an den Wochenenden und zu den Feiertagen immer der Treff- und Sammelpunkt für alle aus der Familie. Als Kind durfte ich auch einige Wochenenden bei Oma, ohne die Eltern verbringen, was natürlich spannend, aufregend und damals mit einigen besonderen Erlebnissen und Erinnerungen verbunden war, die es Zuhause nicht gab. Da durfte ich z.B. als Enkel bei der Oma im großen Bett noch vor dem einschlafen Fernsehen schauen, oder später das alte Mofa aus der Scheune holen und heimlich ein paar Runden im Feld drehen, auch wenn es der Oma nicht geheuer war, aber natürlich wollte sie mir diesen Wunsch nicht verwehren.
Teil 1
Das einfache und arme Leben im ländlichen Rheinhessen
Machen wir eine kleine Zeitreise in das vorige Jahrhundert und das einfache, bäuerliche Leben auf dem Land, mitten in Rheinhessen. Unserer Oma und Uroma Gretel ist 1926 in Dorn-Dürkheim geboren, die erste urkundliche Aufzeichnung vom Ort in einer Schenkungsurkunde des Klosters Lorch 763 und wuchs mit 5 Geschwistern auf. Natürlich prägte der Weinanbau schon seit Jahrhunderten die Region und im Weinbau und bei den Winzern waren einige Arbeitsplätze für die Bewohner der Dörfer in Rheinhessen. Da kann ich mich als Kind noch gut an die Zeiten der Weinlese erinnern und die Zeiten, als meine Großtante und ihr Mann die Waage innehatten und immer gerufen wurden, wenn ein Anhänger wieder voll mit frisch gelesenen Trauben zum Wiegen war. Damals haben alle Freunde, Familie und Angehörige und auch wir Kinder „in der Lese“ geholfen und dafür gesorgt, dass die reifen Trauben so schnell wie möglich, per Hand gelesen wurden.
Die Zeiten nach dem 1. und vor dem 2. Weltkrieg waren harte und arme Jahre der Bevölkerung, in der Oma Gretel die ersten Kindheitsjahre erlebte. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie Oma oft gesagt hat, dass sie früher hungern mussten und sie weiß was Hunger ist! Damit meinte sie das wir Kinder der 60er und 70er Jahre uns das nicht im Entferntesten vorstellen können, was richtiger Hunger ist und bedeutet. Das Leben und Ihre Kindheit war von Lebensmittelknappheit geprägt und man musste sich gegenseitig helfen in der Familie, Nachbarschaft und den damals noch kleinen Orten in Rheinhessen. Bei vielen ist der Begriff „Stoppeln“ noch bekannt, damals wenn die Bauern die Ernte eingeholt hatten, durften die Bürger des Ortes das übrig gebliebene Gemüse auf dem Feld und die Trauben die in den Wingert hängen blieben zum Eigenverzehr vom Feld holen. Es wurde Gemüse und Kräuter auf den Höfen angebaut und die Selbstversorgung war ein wichtiger Bestandteil. Bis ins hohe Alter pflegte Oma ihren „Kräutergarten“. Fleisch und Wurst waren sehr rar, da bekam man manchmal etwas von den Bauern, oder musste sich selbst helfen. Ein großes Glück war, dass Omas Mann ein gelernter Metzger gewesen ist und zu dieser Zeit die „Hausschlachtungen“ Hochkonjunktur hatten. Den früheren Schweinestall, wo die Ferkel und Wutzen großgezogen wurden und der Schlachtraum, ebenfalls in der großen Scheune in der die Hausschweine dann geschlachtet und direkt verarbeitet wurden, gibt es heute noch. Und man soll es nicht glauben, aber der Geruch ist heute noch in den alten Wänden.
Aufschwung und die Wirtschaftswunderjahre
Eine neue Zeitepoche und bessere Lebensjahre für die Oma waren die „Wirtschaftswunderjahre“ in den 1950er und 1960er Jahre. Es gab viel mehr Arbeit in Fabriken, Molkereien, die Industrialisierung schritt voran und der damit verbundene Wohlstand kam auch für die Landbevölkerung. Die ersten Supermärkte und kleine Lebensmittellädchen zur Grundversorgung entstanden in der ländlichen Region. Zu meinen Kinderzeiten war der Tisch bei der Oma immer reich gedeckt und zu Feierlichkeiten gab es sensationelle Kuchen und Backwaren, natürlich alles selbst hergestellt. Das wird mir immer in Erinnerung bleiben, dass es bei der Oma immer reichlich und sehr leckere Sachen zum Essen gab.